Das Banking der Zukunft (Wochenendpresse 2. Dez. 2018)

In der Wochenendpresse habe ich mich über die Beiträge zum Thema ‚Zukunft Banking‘ gefreut. Die Beiträge strahlen Zuversicht im Grundsatz aus. Sei es zum Beispiel, dass mittels Digitalisierung Wachstum generiert werden kann; sei es, dass eine Privatbank der Zukunft aus der Verschmelzung von Tradition und Innovation hervorgehen kann; oder einfach, dass Banking immer eine personenbezogene Komponente beibehalten, also nicht gänzlich ‚online‘ wird; etc. Ferner steigt offenbar die Überzeugung, dass disruptive Technologien die Digitalisierung von Finanzdienstleistern positiv unterstützen. So haben neue Technologien bereits in anderen Wirtschaftszweigen (auch) zu (Job-) Wachstum geführt (siehe auch: https://www.netzwoche.ch/ZukunftBanking).

Finanzindustrie und Startups

Gemeinhin kann man der Auffassung sein, dass die Finanzindustrie zu wenig innovativ sei. Dies stimmt aus meiner Sicht nur bedingt und sollte differenziert betrachtet werden.

Ausgehend davon, dass Innovation durch Jungunternehmen auf die Märkte kommt, bilden diese Unternehmen die Grundlage für zukünftiges Wachstum. Sie dürfen dann als Startup bezeichnet werden, wenn sie sechs Merkmale aufweisen: Fokus auf Innovation, ambitioniertes Wachstum, skalierbares Geschäftsmodell, internationale Absatzmärkte und Investoren, wissenschafts- oder technologiebasierter Ansatz. In den letzten fünfzehn Jahren hat sich in der Schweiz die Zahl der Startups mehr als vervierfacht. Heute gibt es jährlich rund 300 neue; lediglich 6% davon werden veräussert oder planen einen Börsengang. Sind es international vornehmlich IT- und Internetfirmen, so sind es in der Schweiz hauptsächlich Startups aus dem Pharma-, Medizinal-, Fertigungs- oder Finanzdienstleistungsbereich. Bei der Herstellung von industriellen Produkten und Technologien ist also für einen strukturellen Wandel gesorgt. Im internationalen Vergleich stark sind aber Startups in den Gebieten IT-Security, ‚Blockchain und Krypto‘ sowie in der ‚Finanzdienstleistung und Fintech‘. Hier kann die Schweiz (gesehen als ein Startup-Zentrum) mit dem in Europa führenden England mithalten (siehe dazu: https://www.nzz.ch/finanzen/startups-in-der-schweiz-boerse-und-investoren-gefordert-ld.1440562?kid=nl105_2018-11-29&reduced=true&mktcid=nled&mktcval=105).

Innovation: Blockchain und die Gibraltar Stock Exchange

Es tut sich wirklich etwas! Die Gibraltar Blockchain Exchange (GBX) hat von der örtlichen Finanzmarktaufsicht die Lizenz zum Handel mit Kryptowährungen erhalten. Es handelt sich, abgesehen von Japan, um den ersten regulierten Marktzplatz. Diese Innovation verhilft Blockchain als (fast) sicheres und dezentrales Transaktionsregister dazu, alltagstauglich zu werden. So wird auch die Grundlage für die Kryptowährung Bitcoin gefestigt, und die dahinter stehende Technologie für die Abwicklung von Zahlungen in der ‚regulierten Welt‘ anerkannt. Der solide aufsichtsrechtliche Rahmen soll Anleger, die ohnehin einen starken Wertpapierverwahrer fordern, anziehen. Bereits seit dem Frühjahr 2018 können an der GBX sogenannte Intial Coin Offerings (ICO, siehe dazu auch: https://de.wikipedia.org/wiki/Initial_Coin_Offering) durchgeführt werden. Bald soll der ‚tokenisierte‘ Wertpapierhandel folgen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Effizienz im Hinblick auf Kosten und Zeit; ferner dezentrale Abwicklung und geringere Risiken. Schliesslich ist es auf diese Weise möglich, den Kreis potentieller Abnehmer zu erweitern (siehe dazu  auch: https://www.nzz.ch/wirtschaft/blockchain-vor-grosseinsatz-ld.1439251).

Krypto-Produkt an der Schweizer Börse kotiert!

Man höre und staune: Gestern Donnerstag hat sich die Schweizer Börse SIX im Geschichtsbuch einen Platz gesichert, indem sie das weltweit erste ‚Krypto‘-Produkt (Exchange Traded Produkt, das die vier gängigsten Kryptowährungen abbildet, kurz ETP) kotiert hat. Diese Innovation ist aus meiner Sicht sehr begrüssenswert!

Einige Fragen bleiben aber noch offen, zum Beispiel: Weshalb repräsentieren die Kryptowährungen nicht mehr Gegenwert und wo liegt der wirkliche Nutzen für die Anleger (Krypto-Investoren)? Meines Erachtens liegen die Gründe vorab in der Tatsache, dass die Kurse zum einen einzig durch die Hoffnung auf höhere Kurse getrieben waren. Zum anderen ist der Nutzen für die Anleger in der kostengünstigen und sicheren, anonymen Übertragung von Werten beschränkt. Die Gebühren für die Vornahme von Investitionen in ein ETP sind jedoch immer noch in ‚echter‘ Währung zu begleichen. Zudem stellt ein ETP im Krisenfall nicht gesondertes Vermögen, wie zum Beispiel bei einem Exchange Traded Fund (ETF), sondern eine besicherte Schuldverpflichtung dar siehe dazu auch: https://www.nzz.ch/wirtschaft/schweizer-boerse-lanciert-krypto-indexprod-ld.1438939).

Wie Blockchain unsere (digitale) Infrastruktur neu vernetzt

Blockchain ist eine Technologie, die kostensparende, effiziente und mit geringem Risiko behaftete Infrastruktur bereitstellt. Es handelt sich um ein dezentrales, verteiltes Register, das Transaktionen stets, überprüfbar und sicher speichert. Sie hat das Potential dazu, die Weltwirtschaft umfassend zu verändern. Ihr Einfluss verändert den Austausch von Informationen, Waren und Dienstleistungen. Menschen haben via PCs, Smartphones etc. Zugang zum Internet, der digitalen Drehscheibe und Speicher für einen Grossteil unseres ‚know how‘. Vor allem die Finanzbranche hat erkannt, dass sich mit der Blockchain Technologie bisher aufwändige Prozesse, zum Beispiel bei Handelsfinanzierungen, wesentlich zu vereinfachen sind. Das grosse Interesse zeigt sich auch im rasch steigenden Investitionsverhalten. Blockchain mag gemäss des Cambridge Center of Alternative Finance (CCAF) offenbar das Zeug dazu haben, die digitale Infrastruktur Schritt für Schritt neu zu vernetzen und bisheriges, zum Beispiel in den Bereichen Daten- und Informationsmanagement, bis hin zur Organisation und Konzeption von Rechtsansprüchen, in Frage zu stellen (siehe auch: https://www.fuw.ch/article/wie-die-blockchain-die-investmentbranche-veraendert/)

 

Kryptowährungen und Rechtssicherheit

Im Zusammenhang mit der breiteren Einführung und Anwendung von Kryptowährungen stellt sich die Frage nach der Rechtssicherheit; denn: Ein Bitcoin begründet zur Zeit kein Eigentum im Sinne des Gesetzes. Die Lehre ist sich uneinig, Rechtsprechung dazu gibt es (noch) nicht. Bargeld hingegen begründet Besitz und Eigentum: Es kann tatsächlich und unmittelbar beherrscht werden. Grundsätzlich kann Bargeld gelagert, transferiert und mitgenommen werden. Es ist auch ohne Datenspur als Zahlungsmittel einsetzbar. Bei Kryptowährungen gehen die Lehrmeinungen auseinander. Während sich die einen am rechtlichen Eigentumsbegriff (archaisch) orientieren, ist für andere der faktisch digitale Besitz (dynamisch) von Kryptovermögenswerten massgebend (siehe dazu auch: https://www.nzz.ch/finanzen/sind-kryptowaehrungen-reale-sachen-oder-ein-fluechtiges-gut-ld.1436370?mktcid=smsh&mktcval=E-mail). Es besteht Klärungsbedarf.

Im Zusammenhang mit Kryptowährungen wird auch diskutiert, ob z.B. ’stablecoins‘, also in Franken hinterlegte Kryptozwillinge, eine Forderung gegenüber der Schweizerischen Nationalbank (SNB) oder gegenüber dem jeweiligen Emittenten begründen (die SNB ist der Auffassung, dass damit eine Forderung gegenüber dem Emittenten entsteht). Sollen also die Kryptofranken reale Anwendung finden, sind einige Fragen zu klären. Die Kryptoindustrie und die sich rasch entwicklende ’sharing economy‘ scheint jedoch vor solchen Unklarheiten keinen Halt zu machen; denn: In der Schweiz stehen einige Kryptofranken am Start. Ferner sollen zu einem späteren Zeitpunkt auf Blockchain basierte Wertschriften angeboten werden (siehe dazu auch: https://www.nzz.ch/finanzen/die-krypto-zwillinge-des-frankens-ld.1436376?mktcid=smsh&mktcval=E-mail).

Kann Blockchain für faires und innovatives Verhalten stehen?

Dem Internet wird nachgesagt, dass es die Zentralisierung von Daten begünstigt. Datensammlungen auf zentralen Plattformen führen zu Marktmacht. Beispiele wie Amazon im Handel oder Facebook im Bereich sozialer Medien zeigen dies deutlich auf. Sie bringen Marktteilnehmer zusammen, je mehr desto besser. Es werden auch Analysen über Nutzer und Verhalten gemacht. Ein umfassender Überblick, und damit Spielregeln können geschaffen, neue Ideen verhindert werden.

Diesem Trend steht die Blockchain (-technologie) gegenüber. Märkte können damit dezentral organisiert werden. Alle Transaktionen sind öffentlich einsehbar und können direkt zwischen Anbietern und Nachfragern, also ohne zentrale Instanz, abgewickelt werden. Blockchain ist die Technologie hinter der Währung Bitcon. Zur Zeit mag in Bezug auf Blockchain / Bitcoin noch vieles unklar sein, doch deren Weiterentwicklung hin zu einer Anwendung im Alltag ist ungebrochen. Dementsprechend steckt in dieser Technologie viel Hoffnung in Bezug auf Innovation und Fairness. Die entscheidende Frage ist deshalb: Kann Blockchain das Web (wieder) öffnen und für alle gleich nutzbar machen (siehe auch: https://blockruption.com/2017/02/blockchains-re-dezentralisieren-das-internet/)?

Digitalisierung im Private Banking

Digitalisierung macht auch vor dem Bankwesen nicht halt. So ist im Private Banking festzustellen, dass sich das Verhalten der Kunden, ausgehend von der Nutzung verschiedener online-Kanäle, hin zu digitalen Affinität geändert hat. Je vermögender, desto mehr digital affin ist die Kundschaft; diese Gruppe nutzt eBanking und mobile-Banking mehr als andere. Hingegen ist die Bereitschaft, Robo-Advisory zu nutzen, noch wenig vorhanden. Grund dafür ist, dass an sich digital affine Kunden nicht nur die Interaktion mit dem Callcenter zur Hilfeleistung suchen, sondern eine persönliche Beratung, z.B. im Zusammenhang mit einem Investitionsentscheid. Neben effizienter Technologie bleibt der menschliche Faktor wichtig. Während heute die Technologie z.B. zur Überwachung und Ideensuche eingesetzt wird, deckt die menschliche Beratung auch Emotionales ab. Eine umfassende Beratung kann Mehrwert und eine gute Erfahrung, und damit eine stabile Kundenbeziehung schaffen (siehe auch: https://www.nzz.ch/wirtschaft/digitalisierung-der-vermoegensverwaltung/technologie-erhoeht-den-bedarf-an-beratung-ld.1419556)

Digitalisierung als (Job-)Wachstumstreiber?!

Digitalisierung ist längst Tatsache geworden. Sie schreitet unaufhaltsam voran. Digitalisierung kann nicht warten.

Während Digitalisierung auf der einen Seite für technologischen Wandel sorgt, stehen auf der anderen Seite Berufsbilder im Umbruch. Digitalisierung bewirkt eine Polarisierung der Arbeitsplätze. Eine neue Studie besagt, dass sie nicht der ‚Jobkiller‘ schlechthin ist. Denn: Neue Berufsbilder wie zum Beispiel Webdesigner sind entstanden, das Potential im Bereich der Kommunikations- und Informationstechnologien wurde unterschätzt. So werden mit einem hochqualifizierten Tech-Job ca. 5 niedriger qualifizierte in der Dienstleistung geschaffen; automationsfähige Berufe sind dagegen eher der Substitution ausgesetzt. Gemäss OECD liegt das realistische Potential zur Automatisierung bei ca. 10%. Wirtschaftsexperten gehen davon aus, dass die Digitalisierung mittelfristig insgesamt für weiteres Jobwachstum sorgt.

Die zentrale Frage ist unter anderem, wie die Veränderungen von der Wirtschaft und Gesellschaft aufgenommen werden. Können zum Beispiel die Rahmenbedingungen in der Schweiz mit der technischen Entwicklung mithalten? So sind zum Beispiel hohe Flexibilität und Tauglichkeit zur Digitalisierung gefragt. Die Ausgangslage dafür ist in der Schweiz (noch) gut. Ihre Volkswirtschaft ist stark wettbewerbsfähig, die Ausbildungssysteme sind gut und die Erwerbsbeteiligung ist hoch; die Automatisierung ist zudem weit fortgeschritten. Doch es bleibt die Unsicherheit wie die Menschen mit dieser Veränderung umgehen: Für die einen stellt sie eine akute Gefahr, für die anderen eine Chance dar; massgebende Faktoren sind dabei Alter, Ausbildung, Beruf und das jeweils eigene Verhalten (siehe auch: https://www.nzz.ch/wirtschaft/neue-berufe-und-arbeitsformen-wie-die-digitalisierung-die-schweiz-umkrempelt-ld.1302454).

 

 

Schweizer Banken und echte Innovation?!

Die EU-Direktive Payment Service Directive2 verpflichtet seit Anfang 2018 Banken, sich Drittanbietern, sofern es Kunden wünschen, direkten Zugang zu den jeweiligen Kundenkonten zu ermöglichen. Es geht also darum, Schnittstellen (Application Programming Interface, API) zwecks Erhöhung des Kundennutzens, zu öffnen. Damit haben z.B. Fintech start ups die Möglichkeit, ihre Dienstleistungen direkt mit der IT der Banken zu verknüpfen (siehe dazu auch: https://www.fuw.ch/article/banken-lehnen-generelle-oeffnung-ab/).

Die Folgen sind aus Erfahrung in anderen Branchen positiv. Der Wettbewerb spielt besser, und dies hat echte Innovation zur Folge. Eigene Marktstellung, Sicherheit und andere Gründe werden verständlicherweise von den Banken dagegen ins Spiel gebracht. Während Sicherheit regelmässig mittels Rahmenbedingungen festgelegt werden kann, stellen innovative Dienstleistungen (Produkte) die eigene Marktstellung der Bank sicher. Aufgrund der wirtschaftlichen Macht der Banken ist der Staat dazu aufgerufen, die Verhaltensänderung nicht nur dem Markt und den einzelnen Akteuren zu überlassen, sondern Anreize für diese effiziente Weiterentwicklung zu schaffen. So würden sich Banken nicht nur mit Digitalisierung als solche befassen, sondern qualitativ hohe, und damit echte Innovation betreiben. Einen ersten Schritt in diese Richtung wagt die Hypothekarbank Lenzburg. Start ups im Bereich Blockchain und Crypto erhalten Konten. Die Bank hat dazu sogar eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen. (siehe dazu auch: https://www.fuw.ch/article/was-im-juni-in-der-fintech-schweiz-gelaufen-ist/?utm_source=U-Mail&utm_medium=email&utm_campaign=UM%202018-07-02-11-43-02.). Im weiteren investiert sie weiter in die Digitalisierung, – bravo! (Details dazu in: https://www.fuw.ch/article/hypi-lenzburg-investiert-in-digitales-geschaeft/?utm_source=U-Mail&utm_medium=email&utm_campaign=UM%202018-07-11-18-34-02).